Allein in der Schlucht

 Als der kleine Emil aus seinem Schlaf erwachte, war er zunächst erstaunt. Der Sumpf war weg und kein fauliger Gestank zog mehr in seine Nase. Er befand sich in einer schmalen Schlucht mit steilen und hohen Steinwänden. Ein kleines Flüsschen, welches klares frisches Wasser führte, floss in der Mitte der Schlucht hindurch. Nun sah er sich erschrocken um. Das ist ja gar nicht unser Moor, dachte er, und Mama ist auch nicht zu sehen.

Verzweifelt und ängstlich begann das Drachenkind seine Mama zu suchen, doch nirgends konnte Emil sie finden.

Bei seiner Suche gelangte er an den Rand der Schlucht, wo er merkwürdige Laute hörte. Er kannte Menschenstimmen und Hundegebell nicht und kroch voller Furcht zurück. Schließlich fand er eine trockene, aber tiefe und finstere Höhle. Hier versteckte er sich und vergoss Tränen über Tränen. Er weinte ein ganzes Jahr und beinahe wäre er vor Kummer fast gestorben, wenn eines Tages nicht folgendes geschehen wäre:

Wie vom Zufall gewollt flog eine alte Rabenkrähe durch die Schlucht und hörte das Weinen und Wimmern aus der Höhle. Was ist denn das, dachte der Krähenvogel und flog flugs in die Höhle hinein. Wie groß war sein Erstaunen, als er dort einen kleinen Drachen vorfand.

Kräh, kräh, wo kommst du denn her?“, fragte die Rabenkrähe neugierig.

Emil erschrak fürchterlich vor dem schwarzen Vogel mit der krächzenden Stimme, dessen Schatten sich an der Höhlenwand zu einem bizarren Ungetüm formten. Völlig verschreckt zog er sich in den hintersten Winkel seiner Zufluchtsstätte zurück.

Kräh, kräh, na du bist mir ja ein furchtsamer Drache. Hast du etwa Angst vor einem alten Raben? He, Kleiner, du bist hundertmal größer und stärker als ich. Also zeig dich und sag mir, wie du heißt.“

Vorsichtig tapste Emil der krächzenden Stimme entgegen. „Ich heiße Emil und suche meine Mutter. Und wie heißt du?“

Kräh, kräh, ich bin Professor Jakoble, Lehrer an einer Krähenschule. Aber sag, wie kommst du denn hierher? Ich habe deinesgleichen hier noch nie gesehen.“

Das weiß ich auch nicht“, antwortete Emil traurig und erneut rannen Tränen aus seinen Augen.