Das kleine Ei – eine Emilgeschichte für kleine Drachenfreunde

Mitten im Sommer lag der kleine Emil völlig bewegungslos auf einem Sandhügel und genoß die sonnige Wärme. Plötzlich näherte sich eine kleine, gelbgesprenkelte Schildkröte, die ebenfalls im Sumpf lebte. Kaum hatte sie den sandigen Hügel erreicht, blickte sie sich forschend um, und da sie keine Feinde ausmachen konnte, begann sie ein Loch auszuheben. Emil blieb reglos und still. ‚Was gräbt denn die kleine Schildkröte da?‘, dachte er. ‚Sucht sie etwas oder hat sie etwas verloren?‘
Doch die kleine Schildkröte suchte nichts. Sie war zur Eiablage gekommen und das Loch, das sie hier ausgrub, sollte die Nesthöhle für ihre Eier werden.
Nach und nach legte die Schildkrötenmutter ihre Eier ab. Doch plötzlich wurde sie gestört. Ein roter Milan, ein mächtiger Greifvogel mit gegabeltem Schwanz, kreiste am Himmel. Der Milan hatte es auf die Mutter abgesehen, die schnell ihre Eier mit Sand bedeckte und das Nest mit ihren Beinen verfestigte. Doch oh weh! In der Eile hatte die Mutter ein Ei vergessen!
Emil sah abwechselnd zu dem Milan und zu der Schildkröte. ‚Was soll ich nur tun?‘, ging es ihm durch den Kopf. Und wie er noch darüber nachsann, wie er der Schildkrötenmutter helfen könnte, war diese schon verschwunden. Von wegen, Schildkröten sind langsam! Der Milan, der sie wohl auch aus den Augen verloren hatte, drehte ab.
Emil erhob sich und nahm das Schildkrötenei vorsichtig zwischen seine Drachenkrallen. ‚Ich muß es zu Mama bringen, vielleicht weiß sie Rat‘, ging es ihm durch den Kopf. Ganz sachte lief der kleine Drachen zum Drachennest.
„Sieh, Mama, ein Schildkrötenei“, rief er freudig und erzählte seiner Mama die ganze Geschichte.
„Wir müssen es ganz behutsam bewegen, Emilchen, es darf sich nicht drehen oder zur Erde fallen, das würde die kleine Schildkröte darin umbringen.“
Die Drachenmutter nahm das Ei ohne es zu drehen. Dann hob sie ganz in der Nähe des Drachennestes an einem sonnigen Plätzchen ein kleines Loch aus und legte es mit größter Behutsamkeit hinein. Und genau wie die Schildkrötenmutter die Nesthöhle verschloß, schob auch die Drachenmutter das Löchlein wieder zu.
„Irgendwann wird eine kleine Schildkröte schlüpfen“, sagte die Drachenmutter mit rauchiger Stimme. „Sie wird sich aus der Erde graben, und du hast ihr das Leben gerettet.“
Emil strahlte vor Glück. „Wie wunderbar, Mama!“ rief er und aus seiner Nase stieg Rauch auf. Die Drachenmutter strich ihm zärtlich über den Kopf. „Mein Emilchen“, sagte sie sanft.
Der kleine Emil schmiegte sich ganz dicht an seine Mama und versuchte mit seiner Nase Rauchkringel zu erzeugen.
Dann fragte er: „Sag mal Mama, wie bin ich eigentlich zur Welt gekommen?“