Dass einst Säbelzahntiger, Mammuts oder Waldelefanten in Thüringen zu Hause waren, ist wahr. Aber hat wirklich einst ein kleiner Drache eine hölzerne Brücke bei Creuzburg mit seinem feurigen Atem in Flammen aufgehen lassen? Nein, aber in dem neuen Kinderbuch „Emil aus der Drachenschlucht“ beschreiben genau dies der Autor Michael Kirchschlager und der Illustrator Steffen Grosser.
Weil beide in Thüringen zu Hause sind, lassen sie ihren niedlichen Drachen in allerlei hiesigen Gegenden Abenteuer erleben. Und dabei trifft er auch auf Menschen, die es wirklich gegeben hat. Das Kinderbuch erzählt von Neugier und Entdeckerlust, von falschen Vorurteilen und Freundschaft, aber auch von Angst. Diese Angst hat Emil zu Beginn der Geschichte: Seine Mutter, mit der er in einem üblen Sumpf auf die Rückkehr des Vaters wartet, der von einem grausamen Wikingerkönig gefangen gehalten wird, wünscht sich für Emil eine bessere Zukunft. Und ein Wunsch geht im Leben eines Feuerdrachens in Erfüllung, wenn er nur groß genug ist. Und so findet sich Emil plötzlich drachenkinderallein in einer Schlucht wieder, wo er auf seinen künftigen Lehrer, die Krähe Professor Jakoble, trifft. Dieser will Emil nicht nur Benehmen, sondern auch das Fliegen beibringen, woraufhin sie sich quer durch Thüringen auf den Weg machen. Flunkerei und Wahrheit voneinander zu trennen, ist nicht ganz leicht in diesem Kinderbuch. Aber für die jungen Leser oder Zuhörer dürfte es auch nicht wichtig sein, dass es die schöne Prinzessin Jutta einst wirklich gab. Und dass sie tatsächlich am Weißen See eine Burg errichtete, die im Buch zwar ihr Mann bauen lässt – die als Runneburg bekannt ist und bis heute existiert. Auf der Suche nach seiner Mutter will Emil diese Prinzessin aus den Fängen böser Gesellen um Friedrich von Beichlingen befreien, der sie auf seiner Burg festhält. Und nebenher entdeckt der Drache bei seinen Flugübungen auch die Wartburg oder Arnstadt, hilft einem Klosterbruder beim Bau des Erfurter Doms oder jongliert in der Rhön mit drei Schafen. Ganz besonders schön beschreibt Kirchschlager in seinem Buch immer wieder Situationen, in denen aus Fremden, die sich mit Vorurteilen oder Angst begegnen, Freunde werden. Darin steckt der eigentliche Kern der Geschichte, in der natürlich die Abenteuer nicht zu kurz kommen. Am Ende, so viel darf verraten werden, hat Emil seine Mutter noch immer nicht gefunden, wohl aber die Drachenschlucht bei Eisenach geschenkt bekommen. Doch Michael Kirchschlager plant bereits die Fortsetzung „Emil rettet Thüringen“, was die Hoffnung nährt, dass die Familie eines Tages doch wieder vereint sein wird – und Emil bis dahin viele Abenteuer erlebt. Das Buch ist nicht nur wegen der Geschichte ein echtes Thüringer Kinderbuch. Es ist im Weimarer Knabe-Verlag erschienen, der bereits vor achtzig Jahren Literatur für Kinder und Jugendliche herausgebracht hat und den Großeltern der jungen Zuhörer gewiss ein Begriff ist.